Sachverständigengutachten
Sachverständigengutachten
Das Gutachten eines Sachverständigen, das in der Hauptverhandlung erstattet wurde, entbindet den Richter nicht von einem eigenständigen Urteil. Auf das Gutachten kann er sich dabei nur stützen, wenn die Tatsa¬chen, auf denen es fußt, ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung ein¬geführt wurden und das Gericht sie für erwiesen erachtet. Entscheidend ist das in der Hauptverhandlung erstattete Gutachten, bei Widersprüchen zwischen dem schriftlich vorbereitenden Gutachten und dem mündlich in der Hauptverhandlung erstatteten, muss in den Urteilsgründen dargelegt werden, warum nunmehr etwa das mündlich erstattete Gutachten zu¬treffend ist . Nicht ausreichend ist es, wenn in den Urteilsgründen le¬diglich dargelegt wird, der Sachverständige habe sich die Angelegenheit nochmals überlegt und sei nunmehr zu einem anderen Ergebnis gelangt.
In den Urteilsgründen müssen die zentralen Anknüpfungstatsachen und die tragenden Darlegungen des Sachverständigen so wiedergegeben werden, dass der Gedankengang des Gutachtens nachvollziehbar ist.
Das Gericht hat weiter darzulegen, warum es dem Sachverständigen folgt und muss erkennen lassen, dass dies aus eigener Überzeugung geschieht und das Gutachten nicht kritiklos übernommen und damit die Entscheidung praktisch an den Sachverständigen delegiert wurde.
Aus der Pflicht zu einer eigenständigen Urteilsbildung ergibt sich die Möglichkeit des Gerichts, dem Sachverständigen nicht zu folgen. In diesem Fall muss es die Darlegungen des Sachverständigen im Einzelnen wiedergeben und seine Gegenansicht sorgfältig begründen. In diesem Zusammenhang wird es auch darzulegen haben, warum es nunmehr in der Lage ist, das Problem eigenständig zu lösen, obgleich es durch die Beauftragung des Sachverständigen zu erkennen gegeben hat, dass es nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt. Allerdings kann das Gericht argumentieren, es habe gerade durch die Anhörung des Sachverständigen, dessen Gutachten man im Ergebnis nicht folgt, die erforderliche Sachkunde erlangt . Werden in der Hauptverhandlung mehrere sich widersprechende Gutachten gehört, sind die tragenden Ausführungen beider Sachverständiger wiederzugeben, die unterschiedlichen Ergebnisse sind darzustellen und schließlich ist zu erörtern, aufgrund welcher sachlichen Gründe das Gericht dem einen Gutachter gegenüber dem anderen den Vorzug gegeben hat. Die Einholung eines weiteren Gutachtens ist nur erforderlich, wenn die Kammer nicht die erforderliche Sachkunde erworben hat, den „Gutachterstreit“ selbst zu entscheiden.
Zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen ist die Hinzuziehung eines Sachverständigen nur dann geboten, wenn der Sachverhalt solche Besonderheiten aufweist, die Zweifel an der eigenen Sachkunde des Ge¬richts zur Beurteilung aufkommen lassen, etwa bei divergierenden oder kargen Aussagen kindlicher oder jugendlicher Zeugen oder bei körperlichen Beeinträchtigungen bzw. psychischen Auffälligkeiten erwachsener Zeugen, etwa bei psychischen/psychiatrischen Erkrankungen.
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